Donnerstag, 30. März 2023

Gottes Gnade - aus jüdischer, christlicher oder muslimischer Sicht - immer gleich?

Was ist Gnade? Es gibt zum Beispiel die Weihnachtsgnade. Jedes Jahr im Dezember entlassen die meisten Bundesländer Gefangene frühzeitig aus der Haft. Die meisten werden auch den Spruch "Gnade vor Recht" kennen. Damit ist gemeint, jemand bekommt etwas, worauf er keinen Anspruch hat. Ist das Recht oder gerecht? Und was hat all das mit dem Glauben zu tun?

 

Yom Kippur: Um Gottes Gnade bitten

 

Gnade taucht in den jüdischen Gebeten immer im Dreiklang auf, sagte Rabbiner Andreas Nachama.   Gunst, Gnade und Erbarmen sind drei göttliche Eigenschaften, denen sich der Mensch durch das Gebet und sein Handeln und Tun annähern kann.  Auch Gerechtigkeit ist eine Gnadengabe Gottes, so Nachama.  Wichtig ist dabei vor allem ein Tag: Jom Kippur, das "Versöhnungsfest". An diesem Tag denken gläubige Jüdinnen und Juden über ihre Beziehung zu Gott und zu ihren Mitmenschen nach. 25 Stunden wird gefastet, um die Gnade Gottes zu erwirken. „Man bittet Gott um Gnade für ein weiteres Lebensjahr.“ 

Gnade und Barmherzigkeit sind keine abstrakten Werte. Nach dem Essen wird Gott gedankt: „Gelobt seist du, … der du die Welt mit Güte, Gnade und Barmherzigkeit nährst“.  Güte, Gnade und Barmherzigkeit sind also Bestandteil der geistigen Nahrung.

 

 

 

 

Die Weihnachstgnade

 

Pfarrer Gregor Hohberg erinnerte zunächst an die Weihnachtsgnade:  Vor Weihnachten werden in verschiedenen Bundesländern Strafgefangene vorzeitig entlassen. Gnade vor Recht gilt, jemand bekommt also etwas geschenkt, worauf er keinen Anspruch hat.  Das gilt auch für den religiösen Bereich.  Dabei hat der Begriff Gnade in der Bibel ein weites Bedeutungsspektrum: Geschenk, Gefälligkeit, Gabe, Wohlwollen, Zuwendung, Gunst.  „Gnade, die Gott dem Gläubigen, der gesamten Menschheit ohne Vorbedingung schenkt, bildet auch den Kern der christlichen Botschaft.“ Die Gnade begegnet personifiziert in Jesus Christus. Sein Leben und Tod und seine Auferstehung sind ein Abbild der Gnade Gottes.  „Sie machen es uns sichtbar“.

Im Protestantismus berühmt geworden sei die Gnadenlehre oder Rechtfertigungslehre des Apostel Paulus. Paulus versucht zu erklären, dass man die von Gott gegebene Gerechtigkeit erhält, wenn man an Gott glaubt.

 

Fasten- und Gnadenmonat Ramadan

 

Die Theologin Kübra Dalkilic wies darauf hin, dass die Gnade Gottes nicht zuletzt in der Natur deutlich wird.  Die Biene „manifestiert die Barmherzigkeit Gottes in der Produktion des Honigs.“ Gott hat das Universum auf bestmögliche Art und Weise eingerichtet. Aus muslimischer Sicht ist es deshalb wichtig, dem mit Dankbarkeit zu begegnen. Das fünfmalige Beten am Tag dient dazu, ist der sichtbare Beweis. 

Gott erwarte, dass auch die Menschen untereinander barmherzig sind. In einer prophetischen Überlieferung heißt es: “Wer sich anderer nicht erbarmt, der wird auch kein Erbarmen finden.“  Im Fastenmonat Ramadan würde die Barmherzigkeit Gottes vor allem deutlich.  Es ist der Monat für Musliminnen und Muslime, wo sie sich zurückziehen können von dem ganzen Alltagsstress, um sich stattdessen auf eine „spirituelle Reise“ begeben zu können.