Das House of One hat gemeinsam mit der Versöhnungsgemeinde und dem Berliner Forum der Religionen der friedlichen Revolution in der DDR gedacht. Dreizehn Vertreter aus neun verschiedenen Glaubenstraditionen - Baha'i, Juden, Hindus, Christen, Buddhisten, Muslime, Sikhs, Sufis, Asatru - haben am Donnerstag nacheinander für Frieden, Versöhnung und Toleranz gebetet. Zusammengefunden haben sie sich anlässlich des Mauerfalls, der sich zum 30. Mal jährt, in der Kapelle der Versöhnung, einem besonderen, sehr berührenden Ort auf dem einstigen Todesstreifens inmitten Berlins. In die Lehmwände des nach der Wende errichteten kleinen Sakralbaus sind Trümmerstücke der alten Versöhnungskirche verbaut, die nach dem Mauerbau auf dem Todestreifen stand und gesprengt wurde.
Pfarrer Gregor Hohberg (House of One), selbst Ost-Berliner, aufgewachsen in einem Land, das es nicht mehr gibt, erinnerte an die Rolle der Kirchen in den bewegten Monaten des Jahres 1989: "Unzählige Menschen, egal ob gläubig oder religionslos, haben sich damals in den Kirchen versammelt und politische Veränderungen gefordert." Das Land vibrierte, es war unruhig. Menschen flüchteten, die Gebliebenen machten sich Gedanken um ihre Zukunft. "Denn das es wie bisher nicht mehr weitergehen konnte, war allen klar", sagte Hohberg, der in dieser Zeit neben der Gethsemanekirche wohnte, die als Sammelpunkt für Oppositionelle eine besondere Rolle in den Wendetagen spielte. Die Gotteshäuser öffneten ihre Türen für die immer zahlreicher werdenden Menschen, die sich nach Veränderung sehnten. "Mache dich auf und werde Licht" ist ein Lied, das dem Theologen aus dieser Zeit in Erinnerung blieb. Wer den Wunsch nach Freiheit, nach einem friedlichen Umburch unterstützen wollte, stellte eine Kerze ins Fenster, wenn die Menschen aus den Kirchen zum Protestzug auf die Straßen gingen.
"Die Bewegung wurde größer, die Menschen mutiger", sagte Hohberg. Und als es Hunderttausende waren, fiel die Mauer in sich zusammen. "Jede Zeit braucht Menschen, die licht und hell werden, die für ihre Überzeugung einstehen, die sich zeigen, wenn andere bedroht werden - Juden weil sie Juden sind, Muslime weil sie Muslime sind, Muslimas das Kopftuch heruntergerissen wird - dann ist es wichtig, sich gegenseitig zu ermutigen und gemeinsam einzutreten für ein friedliches Miteinander in unserem Land, in unserer Stadt."
Viel hat sich in den 30 Jahren seit dem Mauerfall verändert, schließt sich Esther Hirsch, gebürtig aus West-Berlin, den Worte an. So sei jüdisches Leben in Berlin inzwischen wieder sichtbar geworden. In ihrer Kindheit sei es beispielsweise kein Thema gewesen, ob man Kippa trage oder nicht. Das habe sich geändert. "Wir sind wieder sichtbarer geworden", sagte die Kantorin. Es gebe Jüdische Kulturtage, ein Jüdisches Museum, das Centrum Judaicum und vieles mehr. "Ich bin stolz, eine Deutsche zu sein, zu dem Volk zu gehören, dass die friedliche Revolution herbeigeführt hat", sagte die Kantorin. "Die Frauen und Männer haben Mut bewiesen, die Mauer einzureissen. Wir sollten auch heute wieder diesen Mut aufbringen, um unsere Freiheit zu bewahren."
Imam Osman Örs appellierte an die Anwesenden, die Mauern in den Köpfen einzureißen. "Es existieren Mauern unter uns", sagte der Muslim, der in Bremen als Kind einer gläubigen, aus der Türkei stammenden Familie aufwuchs und in der Schule, aber nicht nur dort, mit seinem "Anderssein" konfrontiert wurde. "Ich fühlte mich in beiden Welten wohl und versuchte daher die imaginären Mauern zu durchbrechen, indem ich meine deutschen Freundschaften als auch meine türkischen Freundschaften pflegte", erzählte Örs. Mit Neugier und Offenheit waren die Barrieren überwunden. "Mauern sind gut, wenn sie uns als Teil des Hauses Schutz gewähren. Mauern aber sind schlecht, wenn sie keine Türen haben oder wenn sie zur Abgrenzung aufgebaut wurden. Was wir brauchen, was unser Gesellschaft braucht, sind Begegnung keine Abgrenzung und Offenheit statt Abschottung."
Der Pfarrer der Versöhnungsgemeinde, Thomas Jeutner, erinnerte in seinem Beitrag an Menschen, die heute auf der Flucht sind und versuchen, Mauern zu überwinden. Ihnen müsse Schutz gewährt werden, betonte Jeutner und verlas die Namen von Menschen im Kirchenasyl.
Der Hinduist Haladhara Thaler, der selbst vor 30 Jahren mit einem selbst gebastelten Schild "Singen für den Frieden" auf dem Alexanderplatz saß, beschreibt das Berliner Forum der Religionen als Beispiel für ein gleichberechtigtes Nebeneinander. "Es gibt keine Podeste, keine Erhöhungen, alle Religionen stehen nebeneinander", sagte Thaler.
In diesem Sinne trug zum Abschluss jeder der dreizehn Glaubensvertreter ein kurzes Gebet in der jeweiligen Tradition vor.
Das Friedensgebet ist in voller Länge auf Facebook zu sehen: https://www.facebook.com/HouseOfOneBerlin/videos/572601150211022/?type=2&theater